Gerade entdeckt und selbst noch gar nicht verdaut: Stefan Niggemeiers Wutmäander zur Qualitätsdebatte.
Ausgelöst von dem SZ-Magazin der letzten Woche, in dem es um die Sinnkrise der klassischen Medien geht. Niggemeier äußert sich polemisch, ohne Zweifel, aber fasst meiner Ansicht nach auch großartig zusammen, was die Crux dieser ganzen großen Mediendebatte ist: Dass sich nämlich auf der einen Seite viele, nicht alle, Journalisten als einzig wahre „Darsteller von Wirklichkeit“ sehen und den Dialog mit Lesern, Zuschauern und Kommentierenden aus der Web 2.0-Welt ablehnen, und dass sich auf der anderen Seite so manche Möchtegern-Journalisten in der Web 2.0-Welt tummeln, die tatsächlich jedes Vorurteil, das aus der Welt der klassischen Medien den neuen Medien entgegengeworfen wird, in schlimmster Weise bestätigen.
Es ist eine total spannende Debatte, die hier geführt wird, finde ich. Das zeigt sich auch in den zahlreichen Kommentaren, die es inzwischen bereits zu Niggemeiers Blogbeitrag gibt und wo er selbst noch mal betont:
Das hier ist zwar ein Plädoyer gegen die Verklärung des real-existierenden Journalismus. Aber es ist ein Plädoyer für den guten, professionellen Journalismus.
Diesem Plädoyer stimme ich uneingeschränkt zu. Wie ich mich überhaupt für den Wert bzw. die Wertschätzung guter Texte (dazu bald mehr) einsetze. Aber das Nachdenken darüber, welchen tatsächlichen Marktwert in Zukunft noch Texte, die auf Papier gedruckt werden, haben werden, beschäftigt mich persönlich auch. Kann es im Zeitalter des Internets noch eine Zeitung oder eine Zeitschrift geben, deren Artikel mit ihrer Lesbarmachung tatsächlich noch aktuell =nicht überholt = richtig = wahr sind? Oder können nur noch Online-Magazine die „wahren“ Fakten wiedergeben? Werden unsere Kinder später noch „Auf Papier Gedrucktes“ lesen wollen? Oder verziehen sie sich mit ihrem E-Book oder Handy, in das per elektronischem Papier alles eingespielt werden kann, unter ihre Bettdecke? Spannende Fragen, finde ich.
Hajo Schumacher, Herausgeber einer Onlinezeitschrift, hat im SZ-Magazin die Theorie verbreitet, Papier werde als Statussymbol der höheren Stände weiterbestehen, das Blatt der Zukunft habe 100 Seiten, exzellente Autoren, exklusive Beiträge, sie nahezu anzeigefrei und koste um die 15 Euro. Diese Vorstellung verursacht bei mir Beklemmungen. Ausgerechnet Papier, dessen Erfindung so unvorstellbar viel zur Demokratisierung, zur Bildung, zur Völkerverständigung beigetragen hat, soll zum Prestigeobjekt der oberen Zehntausend werden? Kann Digitales und Gedrucktes nicht gleichberechtigt nebeneinander stehen? Nein, da will ich lieber an diesen Spruch hier glauben: „Solange man lästige Fliegen nicht mit einem Bildschirm erschlagen kann, wird es Zeitungen und Bücher aus Papier geben.“